Im Web bin ich ein emotionaler Eremit

Versuch einer Erklärung warum ich wenig über Privates blogge.

Er beschreibt sich als schwierigen Menschen mit großem Selbstzweifel – und zugleich erzählt er über das große Interesse, das ihm die Leute entgegenbringen. Luca, einer der bekannten österreichischen Blogger, schrieb eine Replik [Update 23.10.2019: Der Artikel ist nicht mehr aufrufbar] auf einen Blogeintrag von Monika auf kathmography.com.[Update 18.04.2014: Der ursprüngliche Beitrag von Monika ist nicht mehr online verfügbar.]

Die sinnierte darüber, ob Blogger Perfektion heucheln und dabei ihre Schwächen verschweigen. Lucas Replik scheint andere Blogger inspiriert zu haben und auch mich brachte das zum Nachdenken. Er schreibt

Ein Grund warum ich manchmal perfekter wirke, als ich bin, ist dass viele Macken in nicht so bekannte Kanäle ausgelagert werden. Auch wenn ich, nachdem ich die Firma hinter mir gelassen habe, wieder begann hin und wieder etwas emotionales fallen zu lassen. Oder zumindest persönlichere Dinge. Die schon fast weg waren. Weil ich selbst bei anderen gerne mehr mitbekomme, als nur womit sie sich auf einer rein beruflichen Ebene beschäftigen. Alleine weil ich an diese rein berufliche Ebene nicht glaube.

Mehr Emotionales und Persönliches, weil man das auch gern bei anderen Menschen mitbekommt. Diese Überlegung stimmt. Blogs erhalten oft dann besonders viel Resonanz, wenn der Blogger uns tief in seinen Abgrund blicken lässt. Der Blogger sozusagen als Ticketverkäufer seiner emotionalen Achterbahn, wo die Leser je nach Belieben ein- und aussteigen können. Genauso funktionieren Realityshows im Fernsehen, nur werden die Emotionen dort professionell verwertet. Klar, auch ich lese oft lieber über Gefühlswelten als etwa über Urheberrecht. Im Web suchte ich sogar nach Lebensgeschichten, die mich bewegen würden. Ein Heißhunger auf Emotionen also. Das Leben besteht ja auch aus Emotionen. Emotionen treiben uns Menschen voran. Emotionen sind bestimmend. Emotionen sind attraktiv. Emotionen sind gefährlich.

Die Maske, die sie so sehr pflegte

Ich kenne flüchtig eine Frau die sich angriffslustig, selbstbewusst und bestimmend gibt. Eine Frau, die mir etwa einfach das Wort abschnitt, wenn ihr nicht passte, was ich sagte. Zufällig bin ich auf ihren privaten Blog gestoßen. Auch zufällig weiß ich, dass es ihrer ist, denn sie schreibt nur mit Namenskürzel. Sie schreibt dort wie schamhaft und verstörend es war, am nächsten Morgen – noch betrunken – neben jemanden aufzuwachen vor dem sie sich ekelte. Sie schreibt dort über ihre argen Selbstzweifel, Liebeskummer und Depressionen.

Meine Sichtweise ihr gegenüber hat sich dadurch sehr geändert. Zuvor hatte ich mich über ihre starken Ansagen einfach nur geärgert, jetzt sehe ich das als Zeichen innerer Unsicherheit. Ihr wäre es aber bestimmt lieber, wenn ich mich weiter nur ärgern würde. Ich denke, man sollte sich ganz grundsätzlich Gedanken machen, was man von sich selbst preisgeben möchte. Nicht alle Gedanken sind für alle Menschen gedacht. Für mich ist klar: Meine Gefühle teile ich nur mit Menschen, die mir Nahe sind und das von Angesicht zu Angesicht. Ich bin im digitalen Leben ein emotionaler Eremit – und das ist gut so.