STEP 2: Kommunikationsgeschichte

Die Vorlesung STEP 2 aus Publizistik- und Kommunikationswissenschaft beschäftigt sich mit der Geschichte der Beziehungen zwischen Medien, Politik und Kultur.

Sprache als Machtmittel

Sprache diente:

  • der Orientierung und wurde auch für die Arbeitsteilung entwickelt (für Ökonomie und daher für die Existenzsicherung),
  • dem Miteinander und Füreinander,
  • und als differenziertes Instrument der Ausprägung von Herrschaftsstrukturen.

Ab 30 Personen (Gruppe = Horde) sind nonverbale Mittel (Tanz, Gestik, Mimik) nicht mehr differenziert genug. Durch die Sprache konnten gesellschaftsbildende und –bindende Riten, Gesetze und Tabus tradiert werden. Daraus entstand ein Machtmittel für diejenigen, die die Sprache besser beherrschten, oder die, die Sprache nützten um ihre hohe Position zu sichern. (z.B.: Priestergesellschaften: Jene Personen die angaben Kontakt zu den Göttern zu haben.)

Schrift

Die Schrift entstand aus ökonomischen Gründen. Erste Schriftstücke waren Verträge. Kommunikation wurde damit unabhängig von Raum und Zeit. Durch die Schrift können Informationen konserviert, transportiert und reproduziert werden. Schriftliche Bestimmungen, Vorstellungen oder Gedanken waren in den Hochkulturen nicht frei zugänglich. Für Verwaltung und Verwahrung waren Tempel auserkoren. Erst die Griechen verlagerten die Verwahrung in profane Gebäude, also Bibliotheken. Aber ihre Benützung war Gelehrten, Studierenden und Beamten vorbehalten. In Alexandria befand sich die größte Bibliothek des Altertums. 44 v. Chr. wurde sie von Julius Cäsar zerstört. Die eingeschränkte Benutzung zog sich bis in die Neuzeit hinein. Erst im 18. Jahrhundert vollzog sich eine Öffnung der Fürstenbibliotheken für das Bürgertum.Volksbüchereien entstanden im 19. Jahrhundert.

Zeitungen

Die ersten (periodischen) Zeitungen entstanden Mitte des 17. Jhd. 1609 in Straßburg und Wolfenbüttel mit „Relation“ und „Aviso“. Bei periodischen Zeitungen galt mehr das spezifische Interesse der weltlichen wie geistlichen Obrigkeit. Man konnte so besser Befehle und Verordnungen kommunizieren. Aber als Konsequenz forderten Mitte des 18. Jahrhunderts die Leser Mitwisserschaft an politischen Entscheidungen. Der erste Bericht über Neuartiges in einer Zeitung entstand bei der Entdeckung von Brasilien. Zeitungen berichteten überwiegend nur von Katastrophen, Mord, Missgeburten, Kämpfe gegen Türken, Blut- und Kornregen und ähnliches. Mit Aufkommen der Zeitungen wurde auch eine Zensur entwickelt. Nur mit einem „privilegium impressorum“ durften Verleger drucken. Vorteil für den Herrscher: Er hatte die volle Kontrolle und konnte Zensur üben. Doch auch der Verleger hatte dadurch einen Vorteil: Er konnte sicher sein, dass nur er seine Bücher drucken und verkaufen durfte, denn nur er bekam hierfür die Rechte vom Herrscher zugesprochen. Durch den Buchdruck (1455, Gutenberg) kam es zu einer gewissen Alphabetisierung. Kaffeehäuser boten Zeitungen an, die damals noch sehr teuer waren (ca. zur Zeit der 2. Türkenbelagerung, also 1683). In den Kaffehäusern trafen sich Menschen aus allen Schichten. Berichte darüber sind vom Augustinermönch Abraham a St. Klara erhalten. Maria Theresia (18. Jhd.) beeinflusste erstmals die Medien. Die Ministerien wurden angewiesen, wöchentlich eine Zusammenstellung der relevanten Informationen auszusenden. Frankreich war der Erbfeind der Habsburger. Nach der Revolution (1789) wurde Post aus Frankreich kontrolliert und zensiert. Man versuchte die Zensur durch Beziehungen zur franz. Botschaft zu umgehen, oder man zerschnitt Zeitungen in Frankreich und setzte sie nach dem Versand in Österreich wieder zusammen. Daher wurde in Österreich auch die franz. Botschaftspost abgefangen. Als Gegenmaßnahmen begannen Botschaften die Post zu chiffrieren. Nach Maria Theresia übernahm Joseph II. die Herrschaft. Er galt als „Volkskaiser“, aufgrund von Reformen wie dem Toleranzpatent, welches garantierte, dass alle Religionen frei ausgeübt werden durften. (Erst 1851 wurde aber die wirklich freie Religionsausübung ermöglicht.) Durch das Toleranzpatent wurde der Handel mit Juden erleichtert.

Zeitungen in Österreich:

Durch das Druckprivileg (privilegium impressorum) konnte sich im 18. Jahrhundert das „Wienerische Diarium“ eine Monopolstellung sichern. Nur sie durfte in deutscher Sprache erscheinen. Daneben gab es noch eine franz. Zeitung und eine in lateinisch, da Latein vor allem in Ungarn verwendet wurde. 1783 etablierte sich in deutsch auch das „Wiener Blättchen“. Es hatte nur wenige Seiten Umfang und berichtete über Lokales, Gedichte und das Wetter. Mit Aufkommen immer weitere Zeitungen wurde ein Stempelsteuer eingeführt. Jedes einzelne Exemplar einer Zeitung musste vorgelegt und abgestempelt werden. Für den Großteil der Zeitungen war das ökonomisch nicht verkraftbar – es setzte ein Massensterben von Zeitungen ein.  1795 wurde dann das Kriminalgesetz erlassen. Kritik am System konnte damit mit Kerker zwischen 5-10 Jahren bestraft werden. Damit glaubte die Obrigkeit die Ideale der Französischen Revolution erfolgreich verhindern zu können.

Revolution 13. März 1848

Die Revolution begann wieder in Frankreich. Der König musste abdanken, die Republik wurde ausgerufen und das Recht auf Arbeit festgeschrieben. Die Kunde der Revolution wurde verbreitet und brach nun auch im Rest Europas aus. Es wurde eine Versammlung im Ständehaus in Wien gestürmt und die Politiker rausgeschmissen. Das Militär begann zu schießen, es kam zu weiteren Ausschreitungen. Schließlich wurde das Zeughaus von den Aufständigen gestürmt um Waffen zu besorgen. Kaiser Ferdinand I. musste Wien verlassen. Dadurch gab es große finanzielle Einbußen von Betrieben die den k.u.k.-Hof belieferten. Fast sechs Monate dauerten diese Zustände an. In dieser Zeit war Presse- und Meinungsfreiheit gegeben. Viele Zeitungen wurden gegründet, z.B. „Die Constitution“, die sich gegen Säbel, Talar und Krone richtete und eine Verfassung einforderte. Herausgeber war Leopold Häfner. Er wollte eine Republik installieren und galt daher als ultraradikal links, ebenso der „Studenten-Curier“ und „Der Radikale“. Im Oktober des selben Jahres eroberten kaiserliche Truppen Wien zurück und die Zensur wurde wieder eingeführt. Trotzdem, bis 1867 wurden eingeführt: Die Staatsgrundgesetze (Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, Lernfreiheit, Versammlungsrecht) und Amnestie für kritische Journalisten wurde erreicht. Es kam zu Gründungen von Arbeitervereinen und diese produzierten Wochenzeitungen wie etwa „Volkswille“, „Volksstimme“, „Gleichheit“. Ebenfalls 1848 entwickelte sich ein neuer Typ von Zeitung: Die Boulevard-Presse. Der Name stammt von der Art wie sie verkauft wurde und zwar auf der Straße. Damit Leute schnell ihre Aufmerksamkeit auf sie richten und sie kaufen, wurde sie reißerisch aufgemacht. Daneben etablierte sich die Kommerz-Presse.

Zur Geschichte von „Die Presse“, „Kronen Zeitung“, „Arbeiterzeitung“

„Die Presse“ wurde von August Zang gegründet. Sein großes Vorbild war „La Presse“ in Frankreich. Er baute das Inseratengeschäft in seiner Zeitung groß auf und konnte so Abonnements bzw. Einzelverkaufspreise niedriger anbieten. Er verfügte als Erster über die „Schnellpresse“, führte das drucktechnische Verfahren der „Stereotypie“ ein und war ebenfalls der Erste, der die Zeitungsproduktion durch Zusammenlegung von Redaktion, Administration und Druckerei optimierte. Da er durch einen teilweisen Verkauf mit der CA (Bank: Credit-Anstalt) viel Geld einnahm, es aber zu keiner besseren Entlohnung der Redaktion kam, kam es 1864 zur Redaktionsspaltung. Die „Neue Freie Presse“ wurde das wichtigste Blatt der Monarchie für Intellektuelle und Großbürgerliche. Durch Zusammenbruch der Monarchie verlor die NFP aber an Abonnementen. Die Kronen Zeitung wurde im Jahre 1900 gegründet. Sie konnte billig verkauft werden, da es ab 1899 keine Stempelsteuer mehr gab. Wichtig war die einfache Sprache. Es kam zu Rekordergebnisse und sie wurde die Zeitung mit der höchsten Auflage, gefolgt von „Die Neue Freie Presse“ und der „Reichspost“. Wichtig für den Erfolg der Kronen-Zeitung war auch die Berichterstattung über die Ermordung des serbischen Königpaares. Man schickte ein eigenes Redaktionsteam nach Belgrad und hatte so die neuesten Nachrichten über die Ermordung. Ebenfalls von Anfang dabei und sehr beliebt waren Fortsetzungsromane. Gewinnspiele. Adabei. Die Arbeiterzeitung war Nachfolgerin der Gleichheit (gegründet von Viktor Adler) und war Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei. Nachdem sie nicht mehr von der Partei finanziert und in den 1980er privatisiert wurde, wurde die Arbeiterzeitung 1990 endgültig eingestellt. In der AZ brachte Viktor Adler die dreiteilige Reportage über die Wienerberger Ziegelwerke. Er übernahm die Rolle eines Arbeiters und deckte die humanen Missstände in der Firma auf.

Das kommunikationswissenschaftliche Institut in Wien

vormals Institut für Zeitungswissenschaft. Gegründet 1938. Die Studienrichtung war eine Führerwissenschaft und als Initiator gilt Goebbels. 1945 wurde das Institut in Wien geschlossen. Es durfte nur unter der Auflage wiedereröffnet werden, dass es sich nicht mehr mit tagespolitischen Themen befasse.

Kommunikationsgeschichte während der NS-Zeit

1938 kommt es zur revolutionären Inbesitznahme von Zeitungsredaktionen durch die Nazis. Die inhaltliche Gestaltung wurde über Nacht verändert. (Gleichschaltungsprozess) Chefredakteure heißen nun Hauptschriftleiter und es wurden kommissarische Verlagsleiter eingesetzt. Diese Posten waren nun gut bezahlt und prestigeträchtig. Trotzdem wurden anfangs nur wenige Zeitungen verboten. Goebbels wollte viele Zeitungen: „Die Presse möge monoform im Willen und polyform in der Ausgestaltung werden.“ Medien waren nicht mehr Vermittler oder Kritiker, sondern Gehilfen des Regimes. Die NSDAP setzte sich beim Schriftleitergesetz durch. Mitte Juni 1938 wird dieses Gesetz in Österreich eingeführt. Der Berufstitel Schriftleiter (Journalist) ist nun geschützt, nur Mitglieder der Reichspressekammer (Chef: Propagandaminister Goebbels) dürfen in tragen. Bedingungen für die Aufnahme in der Reichspressekammer: politische Zuverlässigkeit (nationalsozialistische Gesinnung), arische Abstammung (siehe Arierparagraph), entsprechende Ausbildung (Schriftleiterprüfung bzw. Reichspresseschule). Die Strategie der NSDAP war es, den Zugang zum Journalismus zu kontrollieren und Journalisten zu überprüfen. Es folgte die Verstaatlichung von Zeitungen. Siehe Kautio-Treuhandgesellschaft von Max Amann (Präsident der Reichspressekammer) Er erreichte bei Hitler ein Subventionsverbot, dadurch wurde es leichter für die Nazis Zeitungen zu kaufen und zu verstaatlichen. So wurde innerhalb eines Jahres nur mehr 1 von 22 Zeitungen privat geführt und es existierten nur mehr die Hälfte der Tageszeitungen die es vorher gab.  Inhaltliche Presselenkung durch Reichspressekonferenz und Presseanweisungen. Anweisungen der Reichspressekonferenz wurden auch schriftl. an Provinzzeitungen weitergesandt. Man schuf bewusst Mitwisserschaft. Außerdem erließ Max Amann, dass keine Neugründung mehr in der Ostmark erlaubt sei, Zeitungen aus Deutschland ihre Vertriebsambitionen einzustellen haben und Zeitungen durften nicht mehr als Aktiengesellschaften geführt werden. Außerdem wurden konfessionelle Zeitungen verboten und Verleger mussten politisch zuverlässig und arisch sein. Arisierung aller wirtschaftlichen Bereiche, dadurch wurden Juden gezwungen billig zu verkaufen. 1942 besaß die NSDAP durch diese Maßnahmen bereits 82% der Gesamtauflage an Tageszeitungen.

Nebenstrategie der NSDAP:

Medien sollten möglichst glaubwürdig wirken. Keine Vermischung von Kommerz und redaktionellen Bereich. (strenge Trennungsregeln) Kuriose, seltsame, erfundene Geschichten wurden verboten. Ebenso striktes Verbot von Plagiaten. Z.B. Lokalressortleiter Schödel des Völkischen Beobachters. War arbeitsmäßig überlastet, es erscheint eine Weihnachtsgeschichte – nur zum Teil vom Lokalressortleiter, wurde angezeigt, weil jüdischen Journalisten Alfred Holgart plagiiert. Wird bestraft und verliert die NSDAP-Mitgliedschaft. Arbeitete in den 60er-Jahre wieder als Journalist. Endziel der Presse galt der Propaganda.

Asylzeitungen

Im Exil werden eigene Kommunikationsmittel geschaffen, weil die Medien der Asylländer den Vertriebenen nicht ausreichten. Asylanten wollten detaillierte Informationen über ihr Heimatland. Diese Asylzeitungen hatten auch eine politische Orientierungsfunktion. Die Asylzeitungen wurden ehrenamtlich geführt. In den 30er-Jahren wurden über 140 verschiedene Zeitungen von Exilösterreichern gegründet. Einig waren sich diese Exilzeitschriften aber nur über die Ablehnung gegenüber des Nationalsozialismus.

Junge 2. Republik

Nach 1945 haben die Eigentümerverhältnisse der Print-Medien zum Prozess des „Journalismus muss dem Staat dienen“ geführt. Berichterstattung zu der Politik ist in den ersten 20 Jahren hoch affirmativ, also wenig Kritik leistend. Mehr als die Hälfte der Auflagen von Zeitungen sind Parteizeitungen. In den 60er-Jahren werden Parteizeitungen durch die Boulevardpresse verdrängt. 1959 wird die Kronen Zeitung wieder gegründet. Ein Proporzsystem zwischen ÖVP und SPÖ entsteht in den Medien. Das Fernsehen kommt dabei mehrheitlich in die Hände der SPÖ, durch medienpolitisches Versagen der ÖVP. Anfang 60er-Jahre hatten die Medien ein Volksbegehren injiziert wegen dem übermaßenden Proporz im Rundfunk. In diesem Zuge verspricht die ÖVP dieses Volksbegehren umzusetzen und gewinnt damit die Wahl. Zeitungsmacher werden in führenden Positionen im Rundfunk eingesetzt.

Neuordnung des Rundfunks 1967:

Der Rundfunk bekommt mehr Ressourcen und das Fernsehen wird ausgebaut. Radio wird neu strukturiert. Ö3 und Ö1 entstehen, ebenso wie das Bundesländerradio. Diese Neuordnung bringt Entlastung des politischen Druckes. Die Aufmerksamkeit geht in Richtung Fernsehen. Die Entwicklung des Fernsehen bringt Tageszeitungen in Gefahr, vor allem im Bereich des Anzeigenmarktes. Neue großen Druckerei werden gebaut um Farben im Druck einzubringen. Die deutsche Presse hat gefüllte Kassen für Investitionen und kaufen sich bei Kurier und Kronen Zeitungen ein. Es kommt zur Zuspitzung von Konzentrationsprozesse und Verschränkungen von Konkurrenten. Überlegungen zur Elephantenhochzeit: Kronen Zeitung + Kurier. Erst in den 70er-Jahre entsteht „profil“. Mitte der 80er-Jahre entwickeln sich dann weitere eigene österreichische Magazine. Entwicklungen haben ihren Anfang aus einem „staatstragenden“ (Partei-)Trümmerjournalismus. Herausgeber-Präsident der Zeitungen war in den 60er-Jahren zugleich Innenminister.